Ganz ganz oft bekomme ich Nachrichten wie „So etwas geht bei mir gar nicht, da fliegt alles nach kurzer Zeit quer durchs Zimmer“. Das kann ich durchaus nachvollziehen und war bei uns am Anfang auch so. Wenn solche Spielangebote aber öfter gemacht werden und die Kinder den Ablauf und die Regeln kennen, sind positive Spiel- und Lernerfahrungen auf jeden Fall in jeder Familie, die daran Interesse hat, möglich.
Was ist Sensory Play?
‚Sensory Play‘ kommt aus dem englischsprachigen Raum und ist bei uns noch relativ wenig verbreitet. Übersetzt heißt es so viel wie „sensorisches Spiel“, das klingt für mich etwas trocken, daher nutze ich den englischen Begriff.
Zum Sensory Play zählen alle Spielaktivitäten, bei welchen mehrere Sinneangeregt werden. Zu den Sinnen gehören einmal die 5 allseits bekannten, nach außen hin durch ein Organ sichtbaren Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten und zusätzlich der Bewegungssinn bzw. der Gleichgewichtssinn. Es ist sehr wichtig, dass Kinder diese Fähigkeiten von klein auf üben, damit ihr Gehirn die Eindrücke immer besser wahrnehmen, verarbeiten und verknüpfen kann. Dies ist sehr wichtig für die körperliche, emotionale und kognitive Entwicklung des Kindes.
Ganz viele Lernerfahrungen machen Kinder ganz natürlich im Alltag, vor allem im Spiel. Sensory Play ist ein Zusatzangebot, welches mit wenigen Materialien ganz wunderbar zur Wahrnehmungsförderung beiträgt und jede Menge Spaß macht und wertvolle Familienzeit schafft. Daher rate ich euch auf jeden Fall, die Ideen einmal auszuprobieren.
So gelingt der Start ins Sensory Play – meine Tipps & Erfahrungen
Die elterliche Sorge, dass die Wohnung nach solchen Spielaktionen verwüstet ist, ist natürlich berechtigt. Bei uns schaute es manchmal aus, als hätteeine Bombe eingeschlagen. Damit euch der Start ins Sensory Play leichter fällt, möchte ich euch nun einige meiner Erfahrungswerte mit auf den Weg geben.
Die erste Sensory Bin bei uns war die Linsenwanne, die ich euch im letzten Beitrag vorgestellt habe. Daher nehme ich diese heute als Beispiel. Man kann natürlich mit ganz unterschiedlichen Materialien starten. Der Begriff ‚Sensory Bin‘ kommt wieder aus dem Englischen und bezeichnet eine Kiste oder Wanne, die mit sensorischem Material gefüllt ist und zum Sensory Play verwendet wird.
Die Linsenwanne eignet sich bereits für Kleinkindern ab einem Jahr sehr gut. Am besten wählt man eine relativ große Kiste, dann kann das Kind direkt hineingesetzt werden. Hier hat es sich bewährt, den Sprössling nur mit Windel bekleidet spielen zu lassen, denn erstens kann er so mit dem ganzen Körper wahrnehmen und zweitens können sich die Linsen nicht in irgendwelchen Taschen oder Ecken der Kleidung verkriechen.
Tipp 1 – Spielbereich klar begrenzen
Kleinkinder haben als natürliche Begrenzung also die Kiste, in welcher sie sitzen. Sind die Kinder größer und sitzen außerhalb der Linsenwanne, macht es Sinn, den Spielbereich einzugrenzen. Das könnt ihr z.B. mit einem Teppich, einem großen alten Leintuch oder einer Decke. Die Kinder wissen meist intuitiv, dass sie beim Mitspielen innerhalb der Begrenzung bleiben müssen. Und falls mal etwas daneben geht, ist es nicht schlimm, denn von der Decke kann es nachher bequem zurück in die Wanne geleert werden.
Tipp 2 – Die Räumlichkeiten klug wählen
Macht euch im Vorhinein auch Gedanken über einen passenden Raum. Es empfiehlt sich ein kleiner Raum, etwa einer Abstellkammer, eine geflieste Küche oder ein Windfang, der überschaubar ist und wenig Schlupfwinkel bietet. Je praktischer der Raum, umso schneller ist nachher wieder aufgeräumt. Du kannst dein Kind samt Sensory Bin auch in die trockene Badewanne setzen. Hier hält sich das Chaos erfahrungsgemäß auch in Grenzen.
Tipp 3 – Gute Vorbereitung ist alles
Sehr wichtig ist eine gute Vorbereitung. Richte das gesamte Equipment im Vorhinein her. Damit meine ich nicht nur Schüttwerkzeug und Inlay für die Sensory Bin, sondern auch Trinkflasche, Handtuch zum Abwischen, Besen, Mistschaufel und was ihr sonst noch alles braucht. Denn dann kann man als Mama bei den ersten Spielversuchen präsent sein, was sehr, sehr wichtig ist. Erfahrungsgemäß reichen nämlich ein paar unbeobachtete Sekunden und das Chaos ist perfekt. Seid also bei den ersten Spielerfahrungen besonders wachsam.
Tipp 4 – Grundregel festsetzen
Unsere bewährte Grundregel lautet ‚Beim Spielen bleibe ich im Spielbereich und das Material in der Kiste bzw. auf dem Tablett‘. Durch diesen kurzen klaren Satz ist alles gesagt.
Natürlich landet während dem Spielen immer wieder Material außerhalb der Kiste. Das ist nicht weiter schlimm und lässt sich mit Hilfe der Decke im Nachhinein ganz einfach wieder in die Kiste schütten. Mutwilliges Herumwerfen ist jedoch absolut tabu.
Tipp 5 – Den passende Rahmen finden
Wichtig beim Sensory Play ist ein passender Rahmen mit genügend Zeit. Wenn ihr gestresst seid, bald wegmüsst oder noch Besuch erwartet, lasst solche Übungen am besten sein. Nur wenn ein entspannter Rahmen herrscht, habt ihr alle Freude am Spiel und es stört euch auch weniger, wenn etwas daneben geht.
Tipp 6 – Wenn das Kind alles in den Mund steckt
Viele haben immer wieder Bedenken, weil ihre Kinder alles in den Mund nehmen. Wer mag, probiert es trotzdem aus, denn beim Sensory Play kann das ganz anders sein. Meine Große hat sehr lange alles in den Mund genommen, trotzdem funktionierte das Spielen in der Linsenwanne mit ihr als Kleinkind sehr gut. Sie hat beim ersten Spiel gleich mal eine ganze Ladung probiert und fand es natürlich mega eklig. Danach hat es prima geklappt und sie wollte nie wieder kosten. Mehr zur Linsenwanne verrate ich euch hier.
Warnhinweis – Erstickungsgefahr
Ich möchte euch an diesem Punkt aberunbedingt darauf aufmerksam machen, dass Erstickungsgefahr besteht! Habt immerein Auge auf eure Kinder und lasst sie nicht alleine spielen! Ihr habt dieVerantwortung!
Alternativen suchen
Habt ihr extravagante Gourmets zuHause, die sogar Linsen verschlingen, dann hebt ihr das Material am besten füreinen späteren Zeitpunkt auf und versucht es mit größeren Materialien, wie etwaChiffontücher, Stofftiere oder verschiedene Bälle.
Auch wenn es mit größeren Kindern Schwierigkeiten gibt, probiert anderes Material aus! Glasnuggets oder Pompons können leichter wieder eingesammelt werden als Linsen oder Reis. Wie wäre es mit Steinen, Schnee, Rasierschaum oder Wasser? Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, da ist bestimmt für jeden das Passende dabei.
Ich hoffe sehr, dass du einige Impulse aus meinem Beitrag mitnehmen kannst und meine Tipps dem einen oder anderen ratsuchenden Elternteil weiterhelfen können!
Einen richtig tollen Beitrag von Julia auf ihrem Blog „diy-inspiration-montessori.at“ möchte ich euch an dieser Stelle empfehlen „Mit allen Sinnen durch die Welt“ – hier gibt Julia tolle Tipps zur Förderung der Sinne und stellt das Sinnesmaterial nach Montessori vor.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Schmökern und ganz viele wunderschöne Spielmomente mit euren Kindern!
Alles Liebe, Deine Sandra